2. Gemeinsame Bildung

2. Gemeinsame Bildung

2.1. Eine Bestandsaufnahme

In Österreich gibt es viele unterschiedliche Möglichkeiten, eine Ausbildung abzuschließen. Die häufigste Form in Österreich ist jene der Lehre. Mehr als 36% der Menschen haben einen Lehrabschluss als höchstenformellen Bildungsabschluss. Es handelt sich aber auch um eine Form, die sehrmännlichdominiertist.Während45%derMännerihreAusbildungmitderLehrabschlussprüfung abschließen, trifft dies nur bei 26% der Frauen zu. Die zweitgrößte Gruppe ist jene mit tertiärem Bildungsabschluss. Dies betrifft insgesamt 19%, wobei diese Gruppe von den Frauen angeführt wird. DieweiterenGruppierungensindMenschenmitMaturaalshöchstenformalenAbschluss(17%),Fach- oder Handelsschule (14%), Pflichtschulabschluss (12%) und sonstigen Abschlüssen (3%).

Betrachtet man in diesen Gruppen die Entwicklung der letzten 40 Jahre, so ist festzuhalten, dass der Anteil der Menschen mit Pflichtschulabschluss markant gesunken ist, während sich die Anzahl der Menschen mit Hochschulabschluss vervielfacht hat.

Schieflage bei Investitionen in den Bildungsbereich

ObwohldasBildungsniveaugestiegenist,spiegeltsichdiesinderBildungsbeteiligungnicht wider.Bei den Kindern unter 3 Jahren liegt diese bei 23% und damit deutlich hinter dem Barcelona-Ziel (30%). Auch in anderen Bereichen verfehlt Österreich alle Bildungsziele. Bei der Bildungsbeteiligung der 15- 19-jährigen liegt Österreich auf dem vorletzten Platz.

Wenn man die Investitionen der letzten 20 Jahre betrachtet, stellt man fest, dass nur jene bei KindertagesheimenundUniversitätengestiegensind.Aberauchhieristfestzuhalten,dassdiesbeiden Kindertagesheimen vor allem daraus resultiert, dass die Quantität massiv gesteigert wurde und bei denUniversitätenderGroßteilindieForschungundEntwicklungfließt.BesorgniserregendistderBlick auf die Berufsschulen: Diese sind klar unterfinanziert! Nur 3 von 100 Euro, die in Bildung investiert werden, fließen in die Berufsschulen. Ein Zustand, der im Zuge der Bildungsgerechtigkeit und dem Umstand, dass mehr als ein Drittel der jungen Menschen eine Lehre absolvieren, nicht zu dulden ist.[1]

Stillstand bei den Bildungsausgaben

Die Ausgaben für Bildung stehen seit Jahren still. Im Zeitverlauf betrachtet haben sich die Ausgaben für die jeweiligen Bildungseinrichtungen kaum verändert. Nur die Ausgaben für Kindertagesheime und Universitäten sind anteilig an den Bildungsausgaben des jeweiligen Jahres in den letzten 20 Jahren gestiegen. Die Anteile an den Ausgaben für Universitäten betrugen im Jahr 2000 noch knapp 18 Prozent, fast zwanzig Jahre später sind es rund 22 Prozent. Ein ähnlicher Ausgabenzuwachs ist bei den Kindertagesheimen zu beobachten: wurden im Jahr 2000 noch knapp 9 Prozent an den Elementarbereich ausgezahlt, waren es 2020 bereits knappe 14 Prozent. Schlechter steht es um die Ausgaben für Berufsschulen: diese sind in den letzten zwei Jahrzehnten immer weniger geworden – und das, obwohl der Lehrabschluss der häufigste höchste Bildungsabschluss in Österreich ist. An den gesamten Bildungsausgaben gemessen, sind Berufsschulen jene, die am wenigsten Gelder beziehen. Nur 3 von 100 Bildungseuros gehen an Berufsschulen. Bemühungen, die Lehrausbildung aufzuwerten, spiegeln sich also nicht in den Ausgaben für Berufsschulen wider, obwohl seitens vieler Unternehmen seit Jahren ein Mangel an qualifizierten Lehrlingen beklagt wird.

Bildungsausgaben im Stillstand

Nur die Anteile für Kindertagesheime und Universitäten sind gestiegen, Anteile für Pflicht- und Berufsschulausgaben sind am stärksten gesunken.[2]

Bildung wir dimmer noch vererbt.

DassBildunginÖsterreichnochimmervererbtwird,zeigtsichschonbeieinemBlickaufdieZahlen.So beenden rund 60% der Kinder, bei denen zumindest ein Elternteil Akademiker:in ist, ihre Bildungslaufbahn mit einem Hochschulabschluss. Bei Nicht-Akademiker:innen-Kindern beträgt die Hochschulabschlussquote gerade einmal 12%. Umgekehrt haben nur rund 4% der Kinder aus einem Akademiker:innenhaus den Pflichtschulabschluss als höchsten Bildungsabschluss, während dies bei KindernauseinerFamilieohneAkademiker:innenbei17%derFallist.DengrößtenUnterschiedgibt es bei Menschen, die eine Lehre abschließen. Sind es bei Kindern von Nicht-Akadamiker:innen 39%, die sich für eine Lehre entscheiden, so ist das nur bei 6% von Akademiker:innenkinder der Fall. Am geringstenistderUnterschiedbeiMenschenmitMatura.HierliegtderUnterschiedbei4%(16%Nicht- Akademiker:innen; 20% Akademiker:innen).

Es ist offensichtlich: der Bildungsabschluss der Eltern hat einen wesentlichen Einfluss auf den Bildungsweg der Kinder und damit direkte Auswirkungen auf die ökonomischen Verhältnisse im weiteren Leben. Damit zeigt sich, Bildung wird vererbt und Armut folglich ebenso.[3]

Eine inklusive Gesellschaft braucht eine gemeinsame Bildung, bzw. inklusive Bildung

Eine gemeinsame Bildung und damit auch die Umsetzung der längst überfälligen Inklusion, Ganztagesschulen, Veränderung der Haltung in Richtung einer zeitgemäßen, zukunftsorientierten, inklusiveren, chancengerechteren, sozialeren Bildung, vermehrte Kooperation aller im Bildungsprozess Beteiligten und mehr Unterstützung (multiprofessionelle Teams in den Bildungseinrichtungen), eine breite Bildungsdebatte (Was sollen Schulen im 21. Jahrhundert leisten), ein neuer Bildungs- und Leistungsbegriff, Entideologisierung der Bildung (Experten/Expertinnenministerium, gemeinsame Bildungsgewerkschaft), ausreichend finanzielle Ressourcen (Bildung als zentrales Element eines Staates muss mehr Wert sein), Verbesserung des Bildungsimages, Veränderungen in der Aus- und Weiterbildung… [4]

 


[1] Resolution Themenwerkstatt 2022, Bildung ist Zukunft und Zukunft ist Bildung

[2] Sophie Achleitner, Bildungsreport Ein Pay Gap kommt selten allein: Bildung, Gender und Einkommen in Österreich, Momentum Institut, Juli 2022 S.8f.

[3] Resolution Themenwerkstatt 2022, Bildung ist Zukunft und Zukunft ist Bildung

[4] Markus Astner, Aussendung 31.1.2023