Gastbeitrag: Was macht Social Media mit unseren Kindern?
Was macht Social Media mit unseren Kindern?
Soziale Medien sind zu einem festen Bestandteil des Lebens junger Menschen in Europa geworden, mehr als drei Viertel der Kinder und Jugendlichen nutzen täglich Plattformen wie Instagram, Facebook und Snapchat. Während die Apps ein nützliches Instrument sein können, um mit Freunden und Familie in Verbindung zu bleiben, wächst die Besorgnis über ihre negativen Auswirkungen auf die psychische Gesundheit.
Im Auftrag des Kultur- und Bildungsausschuss (CULT) des Europäischen Parlaments hat eine Studie nun den Einfluss der sozialen Medien auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen untersucht. „Die Studienergebnisse sind teilweise alarmierend und machen klar junge Menschen brauchen im digitalen Raum besonderen Schutz, durch frühes erlangen von Medienkompetenz in der Schule und gesetzliche Rahmenbedingungen die ihre Rechte schützen“, zeigt sich auch Europaabgeordneter Hannes Heide besorgt.
Gefahr am Bildschirm
Schon ab 9 Jahren stehen viele Kinder im Bann von WhatsApp & Co. Die tägliche Nutzung nimmt dann mit steigendem Alter enorm zu. Bei etwa sechs Prozent entwickelt sich daraus sogar ein Suchtverhalten. Befragte Kinder glauben zwar, die Risiken am Handy bewältigen zu können, in Studien wird jedoch darauf hingewiesen, dass den meisten das Bewusstsein über Gefahren ebenso fehlt, wie Strategien zu deren Bewältigung. Abgesehen vom Suchtpotenzial sind junge Menschen auf den Plattformen regelmäßig schädlichen Inhalten ausgesetzt, etwa Hass im Cyberraum, sexualisierten Inhalten, Bildern mit Gewalttaten, Inhalten die zu einer falschen Körperwahrnehmung und zu Essstörungen führen können und falschen Informationen zu fast allen Themen des Lebens, die als Fakten wahrgenommen werden.
Geblendet von Influencern
Für die Herausforderungen, die soziale Medien für die Entwicklung von Kindern darstellen, sind Lösungen gar nicht so leicht zu finden, da Risiken und Chancen auf komplexe Art und Weise miteinander verflochten sind. Während es den Anschein haben mag, dass soziale Medien Menschen in Verbindung halten, hat die Forschung gezeigt, dass die übermäßige Nutzung von Social Media tatsächlich zu Gefühlen der Einsamkeit und sozialen Isolation führen kann. Dies gilt insbesondere für junge Menschen bei denen die ständigen Vergleiche mit oft unrealistischen Bildern und Beiträgen zu einem Gefühl von Unzulänglichkeit und zum Rückzug führen.
Wachsame Eltern & Medienkompetenz in der Schule
Die Gefahren werden in den meisten Fällen abgewendet, wenn die Social Media Nutzung von den Eltern begleitet wird. Neben zeitlichen Einschränkungen der Apps können auch altersgemäße Filter am Handy benutzt werden. Der CULT-Ausschuss des Europäischen Parlaments setzt sich für die Förderung von Projekten in den Schulen ein, die mit Experten oder im digitalen Unterricht über die Schattenseiten und den richtigen Umgang mit sozialen Medien aufklären können. „Wichtig ist auch der rechtliche Schutz der Kinder. Der Grundsatz lautet, was in der echten Welt verboten ist, muss auch im digitalen Bereich strafbar und einklagbar sein“, sagt Heide. Das EU-Parlament hat mit dem Digital Service Act neue Regelungen für digitale Dienste verabschiedet, die endlich die App-Betreiber in die Pflicht nehmen ihre Plattformen für Kinder und Jugendliche sicher zu gestalten.
Schutz durch strenge Altersüberprüfung
Die Apps müssen so aufgebaut sein, dass die Anbieter für die Sicherheit und Privatsphäre der jungen Mediennutzer garantieren können. „Viele der Probleme, mit denen Kinder bei der Nutzung sozialer Medien konfrontiert sind, entstehen, wenn nicht korrekt erkannt wird, dass es sich um Kinder handelt und deshalb unpassende Inhalte auf sie einprasseln“, berichtet Heide. Die Abgeordneten des CULT-Ausschusses fordern deshalb einen EU-Verhaltenskodex an den sich App-Entwickler für die Gestaltung ihrer Dienste halten müssen. Ein Schwerpunkt ist die Altersüberprüfung, aber auch Marketingstrategien und Algorithmen müssen den Kinder- und Jugendschutzgesetzen entsprechen.
Update für die DSGVO
Ein Update braucht auch die Datenschutzgrundverordnung. „Die Richtlinie ist noch immer ein Meilenstein, was den Verbraucherschutz im Netz betrifft und hat globale Standards gesetzt, aber angemessene und datenschutzfreundliche Altersüberprüfungsmechanismen fehlen und müssen dringend nachgerüstet werden“, erklärt Hannes Heide. Der Technik nicht hinterherzuhinken, ist für Richtlinien zur Digitalisierung die größte Herausforderung. Deshalb schlägt die kürzlich im CULT-Ausschuss präsentierte Studie eine Forschungsbeobachtungsstelle auf Ebene der Europäischen Union vor, die schneller mit rechtlichen Empfehlungen auf technische Entwicklungen reagieren soll. Für Eltern und Pädagogen raten die Forscher, jungen Menschen dabei zu helfen, eine gesunde Beziehung zu sozialen Medien aufzubauen und sie zu ermutigen, Bildschirmpausen einzulegen, um sich anderen Aktivitäten zu widmen, die das geistige Wohlbefinden fördern.
Europaabgeordneter Hannes Heide ist als Mitglied der sozialdemokratischen Fraktion im Ausschuss für Kultur und Bildung des Europäischen Parlaments aktiv.