Wir brauchen in den Schulen Kinderbeschützer, denen die Schule selbst Spaß macht!

Ein Rückblick auf die Rede des Bundesvorsitzenden MMag. Dr. Thomas Bulant nach vorne.

 

Gemäß der Erwartung der Delegierten bei der Bundeshauptversammlung des SLÖ habe ich als Vorsitzender eine programmatische Rede anfangs Oktober gehalten. Ausgehend von der sensationellen Definition meines fünfjährigen Enkels, was er sich unter einer Lehrerin vorstellt, nämlich eine Kinderbeschützerin, habe ich einen Bogen von den bildungspolitischen Defiziten durch die aktuelle Bundesregierung bis zum notwendigen Paradigmenwechsel in unseren Schulen gespannt. Kinderbeschützerin! Eine grandiose Jobbeschreibung. Warum ist das noch nie einem Minister eingefallen? 

Vom aktuellen Minister erwarte ich solche Erkenntnisse gar nicht, zu ihm fällt mir nur ein: Keine Visionen zur Schulreform, um die Schule kindgerechter zu gestalten und die Bildung der Jugend im Sinne von Lebenschancen neu zu denken. Kein Einsatz für die Elementarpädagogik und die Volksschulen, die die Basis jeder Bildungskarriere sind. Sonderpädagogische Einrichtungen, polytechnische Schulen und Berufsschulen hat die Bildungspolitik überhaupt ganz aus ihren Augen verloren. Es krankt an der Spitze. Den Verantwortlichen fehlen Einblicke und Kenntnisse über die Zusammenhänge und Erfordernisse an allen Schularten. Die Schulen sind seit Jahren im Krisenmodus. Verständnis wird geheuchelt, politische Taten erweisen sich als Tropfen auf dem heißen Stein. Den großen Wurf wagt niemand. 

Selbst die Krisen, die die gegenwärtigen Zeiten der Kindheit belasten, veranlassen ÖVP und Grüne nicht, ihre Bildungspolitik bzw. das, was sie darunter verstehen, zu überdenken: Krieg, Klimawandel, Krankheiten gehen an den Jüngsten nicht spurlos vorüber. Von rund 1.730.000 Null- bis 19-Jährigen sind 368.000 Kinder und Jugendliche armutsgefährdet. 16 % der Volksschulkinder erhalten bereits private Nachhilfe. In einem Drittel aller Wiener Familien ist niemand wahlberechtigt. Vor uns baut sich die schlimmste aller Krisen auf: Die Legitimationskrise für unsere Demokratie aufgrund mangelnder Partizipationsmöglichkeiten. 

Unser Verein ist eine denkende Organisation, der auch der verfassungsrechtliche Auftrag an die Schule bewusst ist. Deshalb erheben die sozialdemokratischen Lehrenden Österreichs nachfolgende Forderungen, um der Negativspirale zu entgehen:

  1. Wir brauchen eine bildungspolitische Renaissance, die wir mit und in der SPÖ eingefordert haben und gestalten wollen:
  • Qualitative Reform der Ausbildung
  • Paradigmenwechsel in Förderkultur: Prophylaxe statt Reparatur
  • Elementarpädagogik und Volksschule als Basis jeder Bildungskarriere
  • Paradigmenwechsel in GTS: Vom Betreuungsmissverständnis zur kinderzentrierten lernenden Lebenswelt
  • Von Mangelverwaltung zur pädagogischen Autonomie
  1. Begleitet bzw. angeleitet werden die dafür notwendigen Maßnahmen durch den Paradigmenwechsel „von dem/r institutionalisierten Schüler*in zum lernenden Kind“,

von der Lern- zur Lebenswelt, von der Fachorientierung zur jener am Menschen, von der Lernkontrolle zur Lernbegleitung und anstelle der Defizitverdrängung zu einer Stärkenbildung.

Unsere Beiträge sind nicht nur bildungspolitische Visionen, sondern vor allem praxisrelevante Handlungsanleitungen. Wenn wir gefragt werden, warum wir uns zutrauen, gegen Bildungsmythen und die Verlogenheit im System anzutreten, ist unsere Antwort, dass wir uns um die Beherrschung der größten Herausforderung der Gegenwart bemühen: die Überblicksfähigkeit.

Lehrerinnen und Lehrer, die so gerne in die Schule gehen, wie sie es gerne hätten, dass es die Schüler*innen tun, drohen derzeit an der Inkompetenz des Ministers und am Verwaltungsvollzug durch die Bildungsdirektionen zu verzweifeln. Viele von ihnen sind gerade sozialdemokratische Lehrende Österreichs.

Bei ihnen habe ich mich am Ende meiner Rede besonders bedankt. Die Motivation für ihr Engagement, ihre Zivilcourage und ihre Menschenliebe habe ich durch ein Zitat von Dante Alighieri begründet gesehen: 

Drei Dinge sind uns aus dem Paradies geblieben: die Sterne der Nacht, die Blumen des Tages und die Augen der Kinder.